aus Ebensee (Österreich)
Einseitig implantiert
Cochlea-Implantatbenutzer
Fortschreitender Hörverlust
Pensionierter Professor
Franz, 68 Jahre aus Ebensee in Österreich, ist pensionierter Professor für Deutsch und Geschichte.
Sein Cochlea-Implantat trägt er seit September 2013.
Laurence ist Botschafterin weil:
Ich wollte seit der Aktivierung des ersten Implantats andere Patienten ermutigen, vom Hörgerät auf ein Implantat umzusteigen. Meiner Meinung nach sorgen Hörgeräte in vielen Fällen für keine Verbesserung der Hörqualität. Ich persönlich habe es lange Jahre mit einem Hörgerät versucht, was mir aber leider nichts gebracht hat. Ich möchte Betroffenen sagen, dass ein Implantat ein anderes, schöneres und lebendigeres Leben ermöglichen kann, das man sich in dieser Dimension gar nicht vorzustellen vermag.
Erfahrungsbericht Franz
1. Wann und warum ist dein Hörverlust aufgetreten? Und wie stark ist er?
Mein Hörverlust war schleichend, es gab also nicht den einen einschneidenden Moment. Angefangen hat es bereits in der ersten Hälfte der 90er Jahre, ich war noch jung, gerade erst über 40 Jahre alt. Damals funktionierte es dann für eine Weile mit Hörgeräten. Aber mein Hörverlust wurde immer schlimmer und die Ärzte meinten, es sei vermutlich genetisch. Tatsächlich war mein Vater auch schwerhörig, aber bei ihm ist es sehr viel später aufgetreten. Mehrere Operationen am Mittelohr folgten, und irgendwann war ich rechts völlig taub und hatte links ein Restgehör von 10%.
2. Was dachten du und deine Familie als ihr realisiert habt, dass du von Hörverlust betroffen bist?
Für meine Familie und mich war immer klar, dass wir alles tun müssen, was technisch und medizinisch möglich ist, damit das Leben lebenswert bleibt. So etwas mit 40 Jahren zu erleben ist einfach etwas ganz anderes als mit 80 Jahren. Mir war wichtig, dass wir alle Möglichkeiten ausschöpfen. Meine Familie hat mich sehr unterstützt, und gerade nach der Pensionierung half mir meine Frau aus dem Loch, in das ich gefallen war, wieder heraus zu kommen. Ich glaube, ohne meine Frau hätte ich das nicht geschafft.
3. Wie hast du persönlich den Hörverlust empfunden?
Es war schrecklich! Die Leere nach der Pensionierung war das Eine. Was ich aber als noch schlimmer empfand war, dass ich meine geliebte Musik aufgeben musste. Es gibt ein Leben nach der Arbeit, aber wenn man das, was man liebt, auch nicht mehr tun kann, ist das furchtbar. Ich komme aus einer musikalischen Familie, bin Hobbymusiker und spielte in zwei Orchestern Geige. Ich würde sagen, die Musik war das Wichtigste in meinem Leben und ist es heute wieder!
4. Wie wurdest du von Ärzten, Freunden oder der Familie unterstützt?
Meine Frau ist Apothekerin und hatte viele Kontakte, sowohl zu Patienten als auch zu Ärzten. Ich habe viele Empfehlungen bekommen und viele Ärzte „ausprobiert“. Wenn man ertaubt, versucht man alles und greift wirklich nach jedem Strohhalm. Meine Kinder waren absolut großartig und wir konnten uns voll und ganz auf sie verlassen. Durch diesen Schicksalsschlag sind wir als Familie noch enger zusammengewachsen. Auf der anderen Seite habe ich aber auch erlebt, dass sich Menschen zurückgezogen haben, weil ihnen die Kommunikation mit mir zu schwierig war. Leider war es auch spürbar, dass manche dachten, wenn jemand schwerhörig ist, dann ist derjenige auch einfältig, und entsprechend haben sie mich auch behandelt.
5. Wann und wie hast du von der Möglichkeit eines Hörimplantats erfahren?
Eine Patientin meiner Frau hatte selbst ein Implantat und hat ihr davon erzählt. Mein Arzt hat mich dann wirklich gut und umfassend aufgeklärt.
6. Was hat sich seit deiner Implantation verändert? Was genießt du am meisten am wieder Hören?
Einfach alles hat sich für mich verändert! Meine Einstellung zum Leben, mein Tagesablauf, da ich wieder Radio und Musik hören kann. Ich leite ehrenamtlich ein Museum und mache regelmäßig Führungen. Ich freue mich einerseits ganz besonders, wieder Musik hören zu können, aber andererseits eben auch, dass ich an Gesprächen teilnehmen kann und nicht einfach nur geduldet bin. Ich bin gerne unter Menschen und genieße es, mich auszutauschen.
7. Hat dein Hörverlust und später das Implantat Auswirkungen auf dein Leben oder deine Karriere? Und wenn ja, inwiefern?
Am Beginn meiner Schwerhörigkeit hatten die SchülerInnen, die ich unterrichtete, sehr viel Mitgefühl. Irgendwann haben sie es aber verständlicherweise „ausgenutzt“. Als Lehrer, der nicht mehr richtig hört, konnte ich den Unterricht nicht mehr führen und musste daher meinen Beruf aufgeben. Heute unterrichte ich allerdings wieder. In meinem Museum gebe ich einmal die Woche zwei Stunden Deutschunterricht für Geflüchtete. Im Unterricht sind sehr viele Menschen aus Syrien, und ich habe ja nicht nur die Zeit, das zu tun, ich habe auch die Ausbildung und Erfahrung.
8. Wie erging es dir nach der Implantation?
Ich will die Leute ermuntern, an dieser Stelle nicht nachzulassen, sondern wirklich dran zu bleiben. Dieser Punkt ist ganz wichtig, das möchte ich unbedingt betonen: Man darf nicht ungeduldig werden. Wenn es mal nicht so vorwärts geht, muss man einfach durchtauchen und weiter dran bleiben. Ich habe als ehemaliger Deutsch-Professor viel mit Buch und CDs geübt. Ich habe beispielsweise die Hör-CD von Goethes „Die Leiden des jungen Werthers“ eingelegt und den Text mitgelesen. Das kann ich jedem nur empfehlen. Es muss nicht gleich ein Klassiker sein, es gibt auch viele Krimis oder unterhaltsame Literatur. Musik hören habe ich mit mir bekannten Stücken, die ich im Kopf habe, geübt. Die Stücke habe ich einfach immer und immer wieder gehört, davon kann ich nie genug bekommen.
9. Was möchtest du Betroffenen und ihren Angehörigen mit auf den Weg geben?
Mein Tipp ist, offensiv damit umgehen. Wenn man angestarrt wird, einfach auf denjenigen zugehen und fragen, ob er so etwas am Kopf noch nie gesehen hat. Mein Rat ist ansonsten, dass man sein Leben führt, in den Urlaub fährt und nicht die Geduld verliert.