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Elisabeth

aus Salzburg (Österreich)

Beidseitig implantiert
Cochlea-Implantatbenutzer
Krankheit im Erwachsenenalter
Gründerin Selbsthilfegruppe

Elisabeth Krenner erhielt fast 20 Jahre nach ihrer späten Ertaubung zuerst eines und dann ein zweites CI – und kann sogar Musik wieder genießen. Sie ist Mitglied in zahlreichen Organisationen für Menschen mit Behinderungen und setzt sich aktiv in der Vermittlung von Wissen rund um das Cochlea-Implantat ein. Jährlich führt allein sie mit ihrer Selbsthilfegruppe „Taub und trotzdem hören“ im Salzburger Eugendorf mehr als 50 Beratungsgespräche.

Elisabeth ist Botschafterin weil:

In den letzten Jahren habe ich in drei verschiedenen Hörwelten gelebt. Von der Hörenden zur Gehörlosen mit und ohne Gebärdensprache bis zur CI-Trägerin war es ein jahrzehntelanger Prozess. In dieser Zeit habe ich sehr viel Lebenserfahrung gesammelt. Mithilfe dieser möchte ich nun Betroffene unterstützen, ihren Weg zu gehen.

Elisabeths Geschichte

Sie hilft beim Wieder-Hören
An ihr letztes Essen als Hörende kann Elisabeth Krenner sich noch genau erinnern: Leberknödel; bei einem Volksfest, das sie mit ihrer damals dreieinhalb Jahre alten Tochter besucht hatte. Sie weiß das auch fast dreißig Jahre später noch so genau, weil sich das Leben der jungen Salzburger Mutter schon am nächsten Tag für immer veränderte.
Es ging ihr am 20. Mai 1990 so schlecht, dass sie mit dem Verdacht auf Gallensteine ins Krankenhaus gebracht wurde. Elisabeth fiel in ein Koma, aus dem sie einen ganzen Monat lang nicht mehr erwachen würde – Diagnose: Multiorganversagen. „Die Ärzte kämpften mit mehreren Operationen um mein Leben, sie glaubten aber nicht mehr daran, ich das ohne bleibende Gehirnschäden überlebe“, sagt Elisabeth.
Als sie tatsächlich wieder zu sich kam, plagten sie unheimliche Albträume. Und auch sofort eine erschütternde Erkenntnis: „Ich höre nichts mehr“.
Hörverlust erfordert Trauerarbeit
Nicht alle Spät-Ertaubten verlieren unter so dramatischen Umständen ihr Gehör wie Elisabeth. Doch sie weiß, dass die meisten von ihnen diesen Verlust nur sehr schwer akzeptieren können. „Es ist echte Trauerarbeit nötig“, sagt die bilaterale CI-Trägerin, die heute mit ihrem „elektronischen Hören“, wie sie es nennt, ein vollkommen neues Leben führt. Aufgrund ihres eigenen, langen Leidenswegs gründete sie die Selbsthilfegruppe „Taub und trotzdem hören“ in Eugendorf.
Doch sie war nicht immer diese kraftvolle, fröhliche und lebensmutige Frau, als die man sie inzwischen kennenlernen darf. Ihre Behinderung anzunehmen, war nicht leicht. „In den letzten Jahren habe ich in drei verschiedenen Hörwelten gelebt“, sagt Elisabeth. Von der Hörenden, zur Gehörlosen mit und ohne Gebärdensprache bis zur CI-Trägerin war es ein jahrzehntelanger Prozess. „In dieser Zeit habe ich sehr viel Lebenserfahrung gesammelt.“
Malen gab ihr Selbstwertgefühl
Mit Mitte Zwanzig war sie nun aus dem Berufsleben ausgeschieden, kümmerte sich um ihre Tochter und las und las und las. Ihre Psychotherapeutin empfahl ihr aufgrund ihrer beginnenden Depressionen irgendwann, das Malen auszuprobieren – ihr Leben nahm erneut eine Wendung.
Mit der Seidenmalerei erschlossen sich Elisabeth neue Ausdrucksmöglichkeiten, ihre Augen waren das Tor zur Welt. Mit links, mit rechts und selbst mit dem Mund malt Elisabeth heute ihre farbstarken Bilder. Bald stellte sie ihre Werke sogar aus. „Erstmals fühlte ich mich wieder als vollwertiger Mensch.“
Sie war so erfolgreich, dass sie im neunten Jahr nach ihrem Gehörverlust als österreichische Staatsmeisterin zu den Abilympics nach Prag reiste, einem Berufswettbewerb für Menschen mit Behinderungen. Lippenlesen funktionierte auf Tschechisch natürlich nicht, staunend beobachtete sie aber, wie andere Gehörlose sich mühelos in Gebärdensprache unterhielten. Das motivierte sie, die Österreichische Gebärdensprache zu erlernen. „Dadurch konnte ich endlich wieder mit anderen Menschen kommunizieren und entdeckte eine ganz neue Kultur.“
Schauermärchen schürten Angst vor der Operation
Doch der Wunsch, irgendwann wieder hören zu können, ließ sie nicht los, obwohl ihr Leben innerhalb der Gehörlosen-Gemeinschaft und mit einem Assistenzhund geregelt schien. Von einem CI hatte ihr schon 1993 ein Arzt vorschnell abgeraten – zu lange sei sie schon ertaubt, vermutete er.
Im Jahr 2003, nachdem die Medien über ihren Weltmeistertitel in Seidenmalerei berichteten, wurde ein anderer HNO-Experte auf sie aufmerksam und ermunterte sie, sich operieren zu lassen. Sie suchte den Kontakt zu einer Betroffenen mit CI, die sie jedoch nicht überzeugen konnte. „Ich hatte schon zu viele Schauermärchen gehört und großen Respekt vor der Operation.“
Als ihr Wunsch, wieder Hören zu können, zu stark wurde und sie erneut in ein psychisches Loch gefallen war, wagte sie 2008 schließlich doch den Schritt und wurde CI-Kandidatin.
Ihr Arzt bestärkte sie, indem er etwas trocken feststellte: „Sie sind schon taub. Tauber können sie nicht werden.“ Damit dämpfte er gleichzeitig auch die Erwartungen: „Wegen meiner fast 20-jährigen Gehörlosigkeit wurden meine Chancen, wieder zu hören, als sehr gering eingestuft“, sagt Elisabeth.
Von der Gehörlosen zur Hörsüchtigen
Musik nimmt nun, nach ihrer zweiten CI-Operation im Jahr 2010, wieder einen großen Stellenwert in ihrem Leben ein. Auch dank ihres sehr guten Fittings: „Ich höre mit Genuss wieder CDs und gehe regelmäßig in Konzerte.“
Vorher konnte sie einzelne Instrumente nicht unterscheiden, Gesang hörte sich für sie auch nicht gut an. „Heute klingt Musik viel besser, feiner, schöner, reiner, kräftiger – es ist 100 und 1 zu vorher!“, findet Elisabeth. Und über die Zeit nach der zweiten Operation sagt sie: „Ich wurde quasi hörsüchtig.“ Über einzelne Geräusche kann sie sich heute noch freuen wie ein kleines Kind: „Der Wind, die Wellen, das Rascheln der Blätter – bei Spaziergängen werde ich oft von Glücksgefühlen übermannt.“
Als einen „Sechser im Lotto“ bezeichnet die bilaterale CI-Trägerin, dass ihre beiden Operationen so erfolgreich waren. Weil auf ihrem Weg die Bestärkung von anderen so wichtig war, ist auch sie nun fast unermüdlich darin, mit ihrer Selbsthilfegruppe anderen Betroffenen zu helfen.
Außenstehenden scheint es wohl, als wollte sie die Jahre der Stille nun doppelt und dreifach aufholen. Dabei hat sie schlichtweg eine gänzlich neue Lebensfreude gewonnen – und gibt anderen etwas davon weiter.