Endlich Wieder Hören Experte Dr. Thomas Keintzel über die Bedeutung einer zeitgerechten Versorgung älterer Hörimplantat-Kandidaten, die Rolle, die das Internet dabei spielt und über die Einstellung – in jeder Hinsicht.
Für Dr. Thomas Keintzel, Primar an der HNO-Abteilung des Klinikums Wels-Grieskirchen in Österreich, ist gutes Hören keine Frage des Alters. Ein Großteil seiner Hörimplantations-Patienten ist über 50 Jahre alt, viele davon weitaus älter. Die meisten Betroffenen blicken auf viele Jahre der Schwerhörigkeit zurück. Der gestiegene Altersdurchschnitt ist der besseren Zusammenarbeit mit Zuweisern, gelockerten audiologischen Implantationskriterien und ein bisschen auch dem Internet geschuldet. „Nur wenige Menschen, die im Alter langsam immer schlechter hören, können so gut Lippenlesen, dass sie damit allein zurechtkommen. Wenn ihr Hörgerät nicht mehr ausreicht, suchen sie im Internet nach Alternativen und stoßen bei ihren Recherchen auf Hörimplantate. Sie sprechen ihre HNO-Ärzte oder Hörgeräteakustiker konkret darauf an, sofern diese nicht ohnehin schon von sich aus eine Implantation vorgeschlagen haben.
Bessere Zusammenarbeit
Die Zusammenarbeit mit Hörgeräte-Akustikern hat sich im vergangenen Jahrzehnt stark verbessert. „Einem Kunden ein Hörimplantat nicht anzubieten, aus Angst, ihn zu verlieren, ist heutzutage nicht mehr zu rechtfertigen“. Das Internet hat dieser früher manchmal üblichen Praxis ein Ende gesetzt. Die Patienten tauschen sich in Foren aus und sind, dank Dr. Google, durchwegs gut informiert“, beobachtet Dr. Keintzel.
Niedergelassene Ärzte spielen als Zuweiser eine ebenso wichtige Rolle. Ob Allgemeinmediziner oder HNO-Arzt, heute wissen eigentlich alle, was im Fall einer hochgradigen Hörstörung zu tun ist – nämlich an Implantationszentren zu überweisen.
Der Vorteil dieses Zusammenspiels: Kandidaten können früher versorgt werden, weisen somit eine kürzere Taubheitsdauer auf und erzielen bessere Erfolge mit ihrem Hörimplantat.
Gerade bei älteren Menschen ist die mentale Fitness ein wichtiges Entscheidungskriterium für ein Hörimplantat. „Es gibt Patienten, die auch durch ein Implantat kaum an Lebensqualität gewinnen würden, weil sie geistig nicht mehr fit sind und den Audioprozessor nicht mehr handhaben könnten,“ so Dr. Keintzel. In solchen Fällen verzichtet er auf eine Versorgung. „Wir versuchen für diese Menschen das Maximum aus dem Hörgerät zu holen.“
Auf die Einstellung kommt es an
Das bringt den HNO-Arzt gleich zum nächsten Thema. „Auf die Einstellung kommt es an“, ist er überzeugt. In beiderlei Hinsicht übrigens, nämlich sowohl auf die Einstellung der Kandidaten dem Implantat gegenüber als auch auf die technische Einstellung der Hörgeräte. Und gerade bei letzterer sieht Dr. Keintzel Luft nach oben. Sehr oft reicht eine Optimierung der Hörgeräteeinstellung aus um eine Verbesserung des Sprachverstehens zu erzielen und mit der Implantation kann noch zugewartet werden. Gerade bei älteren Menschen, deren Gehör sich allmählich verschlechtert, ist eine optimale Hörgeräte-Einstellung ein sinnvoller Zwischenschritt, auch um die Wartezeiten bis zur Implantation gut zu überbrücken.
Und was hat es mit der Einstellung der Kandidaten zum Implantat auf sich?
„Eine realistische Erwartungshaltung im Hinblick auf das zu erzielende Hörergebnis und das Bewußtsein , dass die Hörrehabilitation eines entsprechenden Training bedarf, sind die Grundsteine für eine erfolgreiche Implantatversorgung,“ weiß der Primar aus jahrzehntelanger Erfahrung. Gespräche mit dem CI-Team der Klinik und Beratungen erfahrener CI-Nutzer des Selbsthilfevereins „Von Ohr zu Ohr“ sollen den zukünftigen CI-Trägern helfen, realistische Erwartungen aufzubauen. Diese Kontakte und Aufklärungsgespräche tragen auch dazu bei, Patienten die Angst vor der Operation zu nehmen. So gehen auch ältere Menschen mit Zuversicht den Weg zum Hören mit Implantat. Primar Keintzel beobachtet diese Entwicklung mit Freude.
Rat des Experten
Seine Botschaft an Menschen mit Hörverlust: „Haben Sie keine Scheu! Wenn Sie mit Ihrer Hörsituation nicht mehr zufrieden sind, lassen Sie sich unverbindlich beraten. Informieren Sie sich, welche Lösungen es gibt, wenn Ihnen Ihre Hörgeräte nicht mehr helfen. So verlieren Sie keine wertvolle Zeit, sondern nutzen die Chance auf einen guten Hörerfolg – egal, wie alt Sie sind!“