Manfred Dünzl ist Musiker und Bassist der Band MALLET. Als er einen Hörsturz erleidet, kommen immer deutlicher Probleme mit dem Gehör zum Vorschein. Seine Rettung: ein Cochlea-Implantat, mit dem er wieder Klang erlebt und teilhaben kann. Heute geht Manfred Dünzl wie früher mit seiner Band auf Tour – und hat erst im Januar eine neue CD veröffentlicht.
Herr Dünzl, Sie sind Musiker und seit 1979 Bassist Ihrer Band MALLET. Wann und wie haben sich bei Ihnen Probleme mit dem Gehör bemerkbar gemacht?
Erste Schwierigkeiten bekam ich 1999. Das war ein sehr stressiges Jahr. Wir hatten Theateraufführungen in Wiesbaden mit dem Rockballett „Rock around Barock“ und fuhren mit einer Rockballett-Version von Romeo und Julia weiter ans Théâtre du Capitole nach Toulouse in Frankreich. Daneben hatten wir verschiedene Auftritte in Deutschland und meine Mutter starb. Alles zusammen hat mich stärker mitgenommen, als mir in dem Moment bewusst war. Ich erlitt einen Hörsturz, damit gingen die Probleme mit dem Hören los.
Wie ging es weiter, was passierte nach dem Hörsturz?
Ich hatte zwei Tage gewartet, bis ich zum Arzt ging, weil ich zunächst gar nicht ein-ordnen konnte, was das ist. Ich dachte, das wird schon wieder, ich muss mich einfach ein bisschen ausruhen. Aber so war es nicht. Ich bekam dann eine Infusion, kam in eine Druckkammer, wurde über mehrere Tage untersucht. Zunächst hatte ich den Eindruck, dass es ein bisschen besser wurde, aber ein Taubheitsgefühl blieb.
Ich habe trotzdem einfach weitergemacht und bin mit der Band aufgetreten. Im Rückblick denke ich, dass ich in den Jahren danach noch mehrere Hörstürze hatte. Irgendwann bekam ich ein Hörgerät, zunächst nur auf einem Ohr, weil ich auf dem anderen noch 90 Prozent Hörvermögen hatte. Damit kam ich aber nicht gut zurecht, weder zu Hause noch auf der Bühne.
Beim Musik machen im Studio hatte ich plötzlich das Gefühl, der Kopfhörer ist kaputt, weil ich auf einer Seite nichts mehr hörte. Am Kopfhörer lag es nicht, ich habe das getestet. Später kam heftiger Schwindel hinzu. Dass dieser Schwindel vom Ohr ausgeht, war mir zunächst nicht klar. Ich probierte alles Mögliche, war beim Neurologen, meine Wirbelsäule wurde untersucht, aber man fand nichts. Den Schwindel hatte ich nicht durch-gehend, sodass es schwierig war, eine Diagnose dafür beim Arzt zu bekommen. Manchmal saß ich im Wartezimmer und der Schwindel war weg. Keiner wusste so richtig weiter. Der HNO-Arzt verordnete mir schließlich zwei Hörgeräte, eins für jedes Ohr. Mit dem Ergebnis war ich insgesamt nicht glücklich, aber auf der einen Seite wieder etwas zu hören, war wie eine Erleuchtung. Es brachte mich auf die Spur, dass meine Beschwerden mit den Ohren zu tun haben müssen.
Heute haben Sie ein Cochlea-Implantat. Wie kam es dazu und wie hatten Sie von der Möglichkeit erfahren?
Mein Sohn hatte die Idee, er erzählte mir vom Cochlea-Implantat. Als ich meinen HNO-Arzt darauf ansprach, wollte dieser nicht viel davon wissen, aber er schickte mich weiter in die HNO-Abteilung einer Klinik. Dort wurden Tests gemacht und ich wurde sehr gut und umfangreich beraten. Vor den Terminen, es gab bestimmt fünf oder sechs, musste ich manchmal länger warten und hatte Zeit zum Nachdenken. Dabei bekam ich irgendwann kalte Füße. Es kamen Sorgen hoch, ob bei dem Eingriff alles gut geht. Auch dass im Anschluss an die OP eine Reha gemacht werden muss, beunruhigte mich. Für mich als selbstständiger Musiker ist eine solche Auszeit ein Verdienstausfall – und nicht nur für mich, auch für meine Kollegen, weil meine Band nicht ohne mich spielen kann.
Ich bekam einen sogenannten Hörpaten zur Seite gestellt, Gerhard Roth, der den Eingriff selbst schon hatte vornehmen lassen. Auch der Chirurg hat lange mit mir gesprochen. Er sagte, dass er gute Chancen sieht, dass ein Cochlea-Implantat bei mir gut funktioniert. Schließlich habe ich meine Angst überwunden und ließ mich operieren. Ich hatte ja nichts zu verlieren. Heute bin ich sehr froh, dass ich das getan habe.
Wie verlief die Operation?
Insgesamt sehr gut. Auch wenn der Chirurg meinte, dass er etwas länger gebraucht habe, weil mein Schädel so dick sei (lacht). Gerhard Roth war während der Operation dabei, mit meinem Einverständnis. Er hat Fotos vom Eingriff gemacht, das war sehr beeindruckend. Am Tag nach der OP hatte ich leichte Kopfschmerzen, vergleichbar mit einem Hangover. Aber das war’s. Ich konnte bereits nach einem Tag herum-laufen, wobei die Pflegekräfte im Krankenhaus versucht haben, mich etwas zu zügeln. Vier Tage war ich dort, neun oder zehn Tage sollte ich mich im Anschluss ausruhen. Am zehnten Tag habe ich schon wieder Aufträge bearbeitet.
Konnten Sie direkt wieder hören?
Direkt nach der Operation war das Druckgefühl weg, das ich vorher auf dem Ohr hatte. Hören konnte ich erst wieder, als auch das Außengerät, der Audioprozessor, dazukam, etwa einen Monat nach der OP. In der Reha habe ich dann das Hören neu trainiert.
Wie kann man sich das vorstellen? Was passiert in der Reha?
Man macht ein Hörtraining mit Übungen. Das ist anstrengend, bringt aber sehr viel. Dazu gibt es ein Rahmenprogramm mit verschiedenen Vorträgen und Zeit im Fitnessraum. Man übt sowohl alleine mit Therapeuten als auch in der Gruppe, zusammen mit Menschen, die ganz ähnliche Probleme haben, wie man selbst. Im Anschluss habe ich eine Auswertung erhalten, wie sehr sich das Hören in verschiedenen Bereichen verändert hat. Die Verbesserung bei mir war enorm.
Wie geht es Ihnen heute?
Sehr gut. Erst im Januar haben wir die neue MALLET-CD veröffentlicht, ich toure wieder, für mich als Musiker ist das elementar. Vom Implantat unter der Haut sieht und spürt man nichts. Das Außengerät ist auch nicht groß, man nimmt es kaum wahr und ich fühle mich dadurch nicht eingeschränkt. Wenn ich es mal nicht brauche, z. B. beim Schwimmen, nehme ich es einfach ab. Ich bin sehr froh, dass ich mir das Cochlea-Implantat habe einsetzen lassen. Berührungsängste braucht man nicht zu haben, auch nicht vor dem Audioprozessor. Heutzutage hat fast jeder EarPods, man fällt mit dem Außengerät nicht auf. Und wer neugierig geworden ist, was ich für Musik mache: Auf www.mallet.de kann man meine Band und mich hören.
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