Ein junger Tscheche glaubt an die Wissenschaft, die Technik und an sich selbst. Und genießt heute doppelt.
Vít kommt aus Tschechien und wurde vor sechs Jahren mit seinem ersten CI versorgt. Seine Begeisterung war so groß, dass in ihm vor zwei Jahren der Wunsch aufkeimte, auch das zweite Ohr implantieren zu lassen. Doch aufgrund der Tatsache, dass Víts anderes Ohr 24 Jahre lang taub war, bezweifelten die Ärzte den Erfolg einer bilateralen Versorgung. Der junge Mann ließ nicht locker, las sich in die Materie ein und recherchierte intensiv. „Die Publikationen und Untersuchungen von Professor Helge Rask-Andersen, die ich eingehend studiert hatte, gaben mir Hoffnung.“ Der angesehene Experte ist überzeugt, dass der Hörnerv auch dann auf Reize reagiert, wenn er jahrelang nicht stimuliert wurde.
Vít schaffte es schlussendlich, die Ärzte am CI-Zentrum in Brünn zu überzeugen, und so war es im Mai 2020 soweit. Das zweite Ohr wurde implantiert. Mit Spannung erwartete er selbst und auch das behandelnde CI-Team die Aktivierung. Würde sich nach so langer Zeit überhaupt irgendein Erfolg einstellen? Würde ein Ohr, das 24 Jahre keine akustischen Reize empfangen hatte, die neuen Höreindrücke verarbeiten können?
„Die Ergebnisse haben meine Erwartungen übertroffen“, erzählt Vít glücklich. „Die Einstellungen auf allen Kanälen sind ausgeglichen, kein unangenehmer Klang ist dabei. Am dritten Tag nach der Erstanpassung nahm ich die tiefen Töne schon gut wahr. Drei Wochen später führte ich bereits zwei Telefonate mit dem neuen Implantat.“
Nach nicht einmal zwei Monaten erreichte der junge Mann ein offenes Satzverständnis von 80%. Vít bleibt vorsichtig optimistisch. Und realistisch. „Ich glaube nicht, dass nur das Gehirn die Arbeit macht. Auch die Technik spielt eine wesentliche Rolle, vielleicht sogar eine noch größere. In mein erstimplantiertes Ohr wurde mir eine Standardelektrode (31,5 mm) eingeführt, die auch die tiefen Frequenzen stimuliert. Diese Klangqualität hat mich begeistert und in mir den Wunsch geweckt, auch die zweite Seite versorgen zu lassen. Jetzt hat es wieder funktioniert.“
Vít verneigt sich vor den Gründern von MED-EL, die 1977 das moderne Cochlea-Implantat entwickelten und noch heute intensiv forschen, um CI-Trägern die komplette Bandbreite an Klängen vermitteln zu können. „Ohne dieses Klangspektrum von hohen Tönen bis zum tiefen Bass wären Sprache und Musik nicht vollständig. Es verleiht unseren Worten, unserer Musik Emotionen und eine Seele“, zeigt sich der junge Tscheche beeindruckt von der Forschungsarbeit von MED-EL. Dankbar hört er sich sein Lieblingslied „I give as good as I get“ der deutschen Band U.D.O. an. Heavy Metal in Stereo statt in Stille. Selbst nach 24 Jahren.