Hörverlust ist besonders unter MusikerInnen ein heikles Thema. Denn obwohl gerade diese Gruppe überdurchschnittlich hohen Lautstärken ausgesetzt ist, werden ihre Hörprobleme gerne totgeschwiegen. Zu groß ist die Angst, womöglich durch besser hörende KollegInnen ersetzt zu werden.
Das Tiroler SchwerhörigenZentrum ProjectEar organisierte vor kurzem im Innsbrucker Haus der Musik eine Fortbildung für professionelle MusikerInnen und MusikschullehrerInnen zum Themen Lärm und Gehörschutz. Die Themenpalette der hochkarätigen Vortragenden reichte von Lärmschutz über Tinnitusprävention bis hin zur Musiktherapie. Besonders faszinierend war für die Zuhörer der Erfahrungsbericht der jungen Cochlea-Implantat (CI) Nutzerin Julia aus Deutschland, die als Kleinkind nach einer Meningitis ertaubte und dank zweier Hörimplantate seit ihrem 7. Lebensjahr leidenschaftlich gern Cello spielt.
Für Gänsehautmomente sorgten am Abend professionelle MusikerInnen mit Cochlea-Implantat im Rahmen eines Benefizkonzerts. Der Erlös kommt einem gehörlosen Kind in Nepal zugute.
Die kasachische Sängerin Aigerim Tutova beeindruckte die ZuhörerInnen mit Musicalsongs. Gemeinsam mit ihrer Mutter Gulshat sang sie als stimmgewaltige Zugabe ein kasachisches Volkslied, das das Publikum mit tosendem Beifall bedachte. Seit früher Kindheit schwerhörig, ließ sich Aigerim erst als Jugendliche am linken Ohr ein Implantat einsetzen. Heute tritt die Sprachtherapeutin nebenberuflich als Sängerin bei zahlreichen Veranstaltungen auf.
Konzertpianist Davide Santacolomba, Finalist bei „Tú sí que vales?“, der italienischen Version von „Deutschland sucht den Superstar“, entführte das Publikum mit Werken von Chopin in die Romantik. Davide ertaubte mit 8 Jahren und ist auf dem rechten Ohr implantiert.
Das Streichquartett rund um Reingard Fink spannte den musikalischen Bogen virtuos über mehrere Jahrhunderte. Die einseitig ertaubte Musikschullehrerin aus Wien arbeitet mittlerweile dank ihres CIs wieder als Geigenlehrerin.
Für einen beschwingten Konzertausklang sorgte die Tiroler Jazzformation „Jazzaster“, die mit dem gehörlosen Sebastian Fehr an Trompete und Flügelhorn ein Tribut an George Gershwin lieferte. Nach seiner Cochlea-Implantation kehrte Sebastian als aktiver Musiker wieder in seine Blasmusikkapelle zurück.
Das Publikum war begeistert von den Darbietungen der CI-Nutzer. „Die musikalischen Leistungen sind selbst für gut hörende Musiker beeindruckend. Das alles mit einer schweren Höreinschränkung zu erreichen, ist unglaublich“, meinte ein Besucher fasziniert.